• 28. August 2015
  • Buchtipp: Neuerscheinung „Le Corbusier: Die menschlichen Maße“
    Über den umstrittenen Architekten anlässlich der Ausstellung im Centre Pompidou

    Der schweizerisch-französische Architekt Le Corbusier (1887–1965) hat die Debatten zu Architektur und Städtebau im 20. Jahrhundert intensiv und nachhaltig geprägt. Am 27. August jährt sich sein Tod zum 50. Mal. Aus diesem Anlass ehrt das Centre Pompidou in Paris den Künstler-Architekten mit einer ambitionierten Ausstellung und einem umfassenden Buch.

    Le Corbusier – Die menschlichen Maße präsentiert alle Arbeitsfelder Le Corbusiers: Architektur, Städtebau, Möbelgestaltung, Malerei, Zeichnung, Skulptur, theoretische Schriften. Mit mehr als 600 Abbildungen werden die Grundlagen und Entwicklungslinien in seinem Schaffen aus heutiger Perspektive nachgezeichnet. Im Zentrum steht dabei seine Auseinandersetzung mit den Proportionen des menschlichen Körpers.

    Herausgegeben von Frédéric Migayrou und Olivier Cinqualbre und auf Deutsch bei Scheidegger & Spiess erschienen, blendet die Publikation auf den ersten Blick die harten Urteile über den Architekten aus. Frühere Publikationen rechnen rigide mit Le Corbusier ab und zeigen ihn als Totalitarist und Anhänger eines kühlen Weltbilds. Vor allem seinen Schriften hänge eine sozialhygienische Dimension an, da seine Abrechnung mit dem Regime in Vichy keine Kritik an dessen Ideologie gewesen sei, sondern allein der Wut darüber entsprang, dass General Pétain ihn nicht ernst genug nahm.

    In dem aktuellen Katalog zur Ausstellung stellen fünfzehn überwiegend französische Autoren in wissenschaftlichen Beiträgen profund das Lebenswerk des Architekten vor. Seine Schriften, seine Möbelentwürfe, seine urbanen Projekte, seine Bauten und sein Modulor-Konzept werden behandelt. Wirklich umfangreich ist das Bildmaterial: Zeitgenössische Fotografien von und mit Corbusier, Zeichnungen, Modelle, seine Malerei und wenig bekanntes Archivmaterial bespielen den Katalog.

    Gleichwohl wird in dem neuen Buch über Corbusier deutlich, dass die aktuelle Kritik am Übervater der Moderne sehr wohl aufgegriffen wird, wenn auch subtil. Am Ende war also doch der Mensch der Ausgangspunkt, trotz aller möglicherweise totalitären Argumente. Diese Feststellung ist die Quintessenz des 252 Seiten starken Katalogs: Sie will Le Corbusier wieder humanisieren.

    Charles-Édouard Jeanneret-Gris, ab 1920 Le Corbusier genannt, wurde am 6. Oktober 1887 geboren und verstarb am 27. August 1965 in Cap-Martin, als er beim Baden im Meer nahe seinem Holzhäuschen Le Cabanon einen Herzschlag erlitt und ertrank.

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    Le Corbusier – Die menschlichen Maße
    (Hrsg. von Frédéric Migayrou und Olivier Cinqualbre)
    Scheidegger & Spiess, 2015, Hardcover, 256 Seiten, 48,- Euro
    ISBN: 978-3-85881-469-2

    Mehr Infos: www.scheidegger-spiess.com