• 17. Dezember 2014
  • Ausstellungstipp: WChUTEMAS – Ein russisches Labor der Moderne
    im Berliner Martin–Gropius–Bau

    Im Martin-Gropius-Bau am Anhalter Bahnhof in Berlin ist momentan und noch bis April kommenden Jahres eine besondere Ausstellung zu sehen. Mit „WChUTEMAS – Ein russisches Labor der Moderne“ werden erstmals rund 250 Werke – Skizzen, Zeichnungen, Malerei und Modelle von Lehrern sowie Studierenden – der WChUTEMAS in Deutschland gezeigt, die  einen wichtigen Ausschnitt der WChUTEMAS-Bewegung mit Schwerpunkt Architektur darstellen.

    WChUTEMAS, oftmals als ‚russisches Bauhaus’ bezeichnet, war eine legendäre Kunstschule der Moderne in den 1920er-Jahren. 1920 wurden diese ‚Höheren künstlerisch-technischen Werkstätten‘ durch ein Dekret der Sowjetregierung gegründet und in acht Fakultäten (Holz, Metall, Textil, Druckgrafik, Keramik; Kunstwerkstätten: Malerei, Skulptur, Architektur) mehrere tausend Studenten unterrichtet. An dieser Schule unterrichteten berühmte KünstlerInnen und ArchitektInnen, deren Namen mit dem Durchbruch der russischen Avantgarde verbunden sind wie El Lissitzky, Naum Gabo, Moissej Ginsburg, Wassily Kandinsky, Alexander Melnikow, Ljubow Popowa, Alexander Rodtschenko, Alexej Schtschussew, Warwara Stepanowa u.a. Mit Hilfe von Kunst und Architektur sollte der ‚Neue Mensch‘ geformt und eine revolutionäre Erneuerung des Verhältnisses von Kunst und Gesellschaft verwirklicht werden. Die Architektur als ’synthetische Kunst‘ spielte in der Schule WChUTEMAS eine Schlüsselrolle. Die Studienprojekte zeigen das enorme utopische und baukünstlerische Potenzial und veranschaulichen zugleich das Credo widerstreitender Architekturströmungen an den WChUTEMAS.

    Die Ausstrahlung der WChUTEMAS reichte weit über Sowjetrussland hinaus. Mit dem 1919 gegründeten Bauhaus in Weimar und später in Dessau gab es Beziehungen. Um den wissenschaftlichen Anspruch weg von der reinen Kunst hin zur industriellen Produktion zu betonen, benannte man 1927 die Schule um in ‚Höheres Künstlerisch-Technisches Institut‘, WChUTEIN. Radikal funktionalistische Zielsetzungen in Wohn- und Städtebau traten in den Vordergrund. 1930 wurde die Schule geschlossen.

    Die Architekturfakultät wurde mit dem Höheren Bauingenieur- und Architekturinstitut, dem späteren Moskauer Architekturinstitut verschmolzen. Die russische Avantgarde verlor ihren Einfluss und wurde zu Gunsten eines ‚Sozialistischen Realismus‘ radikal zurückgedrängt. Konstruktivistische Konzepte waren im Rahmen der planwirtschaftlichen Anforderungen in Russland nicht mehr gefragt.

     

    Wo: Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstr. 7, 10963 Berlin

    Wann: 5.12.2014 bis 06.04.2015

    Weitere Infos: http://www.berlinerfestspiele.de/de/aktuell/festivals/gropiusbau/programm_mgb/mgb14_wchutemas/ausstellung_wchutemas/veranstaltungsdetail_106903.php